Intratympanale Kortikoidtherapie
NEUE HILFE BEI HÖRSTURZ
Bislang war nach einer erfolglosen Infusionstherapie bei Hörsturz – Patienten nur die orale rheologische Therapie möglich. Mit Hilfe der intratympanalen Applikation von Kortison kann nun Abhilfe geschaffen werden. Das Verfahren wurde in der Uniklinik Mainz unter Prof. Dr. med. Dr. mult. W. Mann weiter erforscht und erfolgreich schon bei mehreren hundert Patienten angewendet.
Dieses Verfahren kann auch bei Diabetikern angewandt werden, da das Kortikoid nicht systemisch, sondern nur lokal wirkt und somit keinen Effekt auf den Blutzucker hat.
INTRATYMPANALE KORTIKOIDTHERAPIE BEIM HÖRSTURZ
Im Juni 2010 wurden die neuen Leitlinien zur Behandlung des akuten Hörsturz von der Deutschen Gesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte veröffentlicht. Gerade Betroffene wurden in den letzten Jahren immer wieder verunsichert über die Erfolgsaussichten einer Behandlung. Mit diesem Dokument liegen jetzt wieder Richtlinien auf dem Tisch die den HNO Ärzten und Betroffenen eine klare Therapieoption bieten. Erstmalig fand in der neuen Leitlinie die intratympanale Kortikoidtherapie Einzug in das Behandlungsschema.
Plötzlicher Druck im Ohr, Hörverlust, Ohrgeräusche und Schwindel sind meist neben einem verzerrten Hören die typischen Symptome für einen akuten Hörsturz. Dabei müssen nicht alle genannten Symptome zugleich auftreten.
War es vor knapp 10 Jahren noch ein absoluter Notfall, so ist mittlerweile klar, dass es sich um einen gemäßigten Eilfall handelt. Der Grad der Behandlungsbedürftigkeit hängt vom Betroffenen und der Schwere des Hörsturzes ab. Der Gang zum HNO Arzt ist aber dennoch ein Muss, denn nur er hat die notwendige Ausstattung, um einen Hörsturz sicher zu diagnostizieren.
Die Ursachen für einen akuten Hörsturz sind bis zum heutigen Zeitpunkt immer noch nicht geklärt und liegen im Dunkeln. Diskutiert werden Durchblutungsstörungen, Virusinfektionen und Störungen auf zellulärer Ebene.
Wir kennen jedoch verschiedene Risikofaktoren, die zu einem akuten Hörverlust führen können. Viele berichten von einem erheblichen Stress, sind zum Teil Raucher oder haben die verschiedensten Begleiterkrankungen.
In Deutschland erkranken jährlich bis zu 300000 Menschen an einem Hörsturz. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Zur Untersuchung gehört neben der fachärztlichen Untersuchung der Ohren, der Nase und vor allem des Nasenrachens eine intensive Untersuchung der Funktionsfähigkeit des Hörorgans mit verschiedenen Testverfahren.
Bei der Basisbehandlung hat sich nichts geändert. Die Initialtherapie erfolgt nach wie vor mit hochdosiertem Kortison, welches dann über die nächsten Tage in immer niedrigeren Dosierungen ausgeschlichen wird. Gleichzeitig wird eine durchblutungsfördernde Therapie mit HAES – Infusionen und/oder Pentoxifyllin empfohlen.
Als dritter Pfeiler in der Behandlung wird nun erstmalig die so genannte intratympanale Kortikoidthearpie empfohlen. Dabei wird Kortison durch das zuvor betäubte Trommelfell direkt in das Mittelohr gespritzt. Die Behandlung ist nahezu schmerzlos und die Patienten tolerieren den Einriff sehr gut. Insgesamt sind 5-7 Sitzungen im Abstand von 1-2 Tagen sinnvoll.
Es liegen aktuell einige sehr vielversprechende Studien zu dieser Therapie vor. Besonders Diabetiker, die gewöhnlich keine Kortisontherapie erhalten dürfen, profitieren von dieser Behandlung, da kein Kortison in den Blutkreislauf gelangt und somit keine unerwünschten Nebenwirkungen hervorgerufen werden.
Diese neue innovative Therapie wird seit 4-5 Jahren in Deutschland angewendet. Als eine der ersten Kliniken führte die Mainzer HNO Uniklinik erste Forschungen durch und sind somit die Vorreiter in der Bundesrepublik.
Seit einem Jahr führe ich diese Behandlung in meiner HNO Praxis durch und ich kann viel Positives berichten. Patienten sind zunächst überrascht und können sich nicht vorstellen, dass eine schmerzfreie Injektion durch das Trommelfell möglich ist. Gerade diese sind nach der ersten Injektion erleichtert, dass es ungewohnt, aber fast schmerzlos funktioniert.
Viele andere Verfahren wurden wegen erwiesener Wirkungslosigkeit herausgestrichen. Das bedeutet auch, dass die hyperbare Sauerstofftherapie, die „Druckkammern“ und die Blutwäsche (Plasmapherese) keine Empfehlung zur Behandlung bei akutem Hörsturz haben.
Wie sollte sich nun ein Betroffener im Fall der Fälle verhalten?
Ruhe bewahren steht an oberster Stelle. Neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr braucht der Körper Ruhe. Wenn kein starker Schwindel vorhanden ist, reicht es aus, wenn man zunächst 1-2 Tage abwartet, bevor man zum Hals-Nasen-Ohrenarzt seines Vertrauens geht. Aufgrund einer Selbstheilungsrate von 50-70 Prozent ist in den meisten Fällen keine spezifische Behandlung mehr notwendig. Das Hörorgan sollte aber dennoch abgeklärt werden.
Die Krankenkasse zahlt die Behandlung nicht!
Alle in den Leitlinien empfohlenen Maßnahen dürfen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden! Die Gründe sind schnell aufgeführt, für Patienten oft nicht verständlich.
Der Wirkstoff Kortison besitzt keine Zulassung zur Behandlung eines akuten Hörsturzes oder Tinnitus. Wird es dennoch verwendet, so bezeichnet man das als einen so genannten „Off Label Use“ und dieser darf nach dem Gesetz nicht zu Lasten der GKV gehen.
Obwohl der Einsatz von Kortison bei einem akuten Hörsturz hinreichend erforscht ist, seit Jahren erfolgreich angewendet wird und zahlreiche Studien die Überlegenheit der Therapie zeigen, wurde bisher kein Kortisonpräparat für die Behandlung zugelassen. Die Pharmahersteller haben bis zum heutigen Tag keine Zulassung beantragt.
Pentoxifyllin: Der Wirkstoff Pentoxifyllin, der im Anhang der Leitlinien zur Standardbehandlung empfohlen wird, darf ebenfalls seit April 2009 nicht mehr auf ein Kassenrezept. Die Arzneimittelkomission empfiehlt lediglich die Verwendung bei Gefäßerkrankungen der Extremitäten. Obwohl Trental ® im Beipackzettel – im Gegensatz zu Kortison – für die Behandlung des akuten Hörsturzes zugelassen ist, darf es seither nicht mehr auf das Kassenrezept.